Mit dem Digitalpakt sollen künftig fünf Milliarden Euro an die Schulen in Deutschland fließen, um die digitale Infrastruktur zu modernisieren:
Ein campus-weites WLAN, moderne Tablet-PCs und Laptops und interaktive Tafeln sollen in immer mehr Schulen bald zum Alltag gehören. Die Lehrerinnen und Lehrer (an weiterführenden Schulen) in Deutschland halten die Initative mehrheitlich für überfällig und insgesamt zu klein angelegt. In einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom stellen die Lehrkräfte ihren Schulen im Fach Digitalisierung eher schlechte Noten aus.
Die technischen Voraussetzungen insgesamt werden auf der Schulnotenskala gerade noch mit „befriedigend“ (3,3) bewertet. Am besten schneiden die Geschwindigkeit der Internetverbindung („befriedigend“, 2,8) und die Aktualität der Endgeräte („befriedigend“, 3,2) ab. Lediglich ein „ausreichend“ gibt es dagegen für die Schnelligkeit bei der Behebung technischer Probleme (3,7), die Anzahl der Endgeräte in Relation zur Schülerzahl (3,9) und die Anzahl der Softwarelizenzen in Relation zur Schülerzahl (4,2). Kommt es zu technischen Problemen, fühlen sich viele Lehrer alleingelassen. Drei Viertel (74 Prozent) beklagen, es fehle jemand, der sich um die Technik kümmert und bei Problemen schnell Abhilfe schafft. Auch bei der Arbeit mit digitalen Lernmaterialien stoßen viele Lehrer auf hohe Hürden. Drei Viertel (73 Prozent) sagen, es stehen nicht ausreichend digitale Lernmaterialien zur Verfügung. Sieben von zehn (70 Prozent) meinen, dass die zur Verfügung stehenden Lernmaterialien verbessert werden müssen. Und zwei Drittel (66 Prozent) wünschen sich, dass die zur Verfügung stehenden Lernmaterialien leichter auffindbar sein sollten.
Den Einsatz digitaler Technologien im Unterricht sieht die Lehrerschaft zwiegespalten. Auf der einen Seite erkennt die Mehrheit Vorteile: Die Schüler sind motivierter (88 Prozent), Inhalte und Zusammenhänge können anschaulicher dargestellt und vermittelt werden (87 Prozent), Schüler werden auf das Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereitet (56 Prozent), Lehrer können individueller auf einzelne Schüler eingehen (55 Prozent). Auf der anderen Seite sehen die meisten Lehrer auch Nachteile, wie negative Auswirkungen auf die Schreibfertigkeiten der Schüler (86 Prozent), dass Schüler dazu verleitet würden, Informationen aus dem Internet zu kopieren (77 Prozent), und dass konzentriertes Lernen gestört werde (57 Prozent).
Mehr als die Hälfte der Lehrer (54 Prozent) würde gerne häufiger digitale Medien einsetzen, scheitert aber aus verschiedenen Gründen daran. Größtes Hemmnis ist fehlende Technik. 58 Prozent sagen, dass es an den nötigen Geräten für die Nutzung im Unterricht mangelt. Dahinter folgt die Sorge, dass die Technik im Unterricht versagt (36 Prozent). Auch ein fehlendes pädagogisches Konzept (13 Prozent) und unzureichende Technik-Kenntnisse (12 Prozent) spielen eine Rolle.
Viele Schulen verfügen nur über eine digitale Grundausstattung. Beamer (99 Prozent), Notebook (82 Prozent) und stationärer PC (87 Prozent) sind Standard, jedoch meist nur als Einzelgeräte oder in speziellen Fachräumen verfügbar. Zwei von drei Schulen (65 Prozent) verfügen über interaktive Whiteboards, also elektronische Tafeln mit Bildschirmsteuerung, allerdings fast ausschließlich in einzelnen Fachräumen. In jeder dritten Schule (31 Prozent) gibt es Tablets, die absolute Ausnahme sind hingegen Virtual-Reality-Brillen (2 Prozent).
„Die meisten Schulen verfügen nur über eine digitale Grundausstattung. Geräte wie Beamer, Whiteboards oder Tablets gibt es lediglich als Einzelgeräte oder in speziellen Fachräumen. Dabei sollten sie in allen Unterrichtsräumen Standard sein“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Im Schulalltag sind die digitalen Geräte in der Breite bislang kaum angekommen. Einen Beamer setzt jeder zweite Lehrer (49 Prozent) regelmäßig und mehr als jeder vierte Lehrer (28 Prozent) sogar an allen Unterrichtstagen ein. Ein Notebook verwendet jeder fünfte Lehrer (21 Prozent) täglich, jeder dritte (36 Prozent) regelmäßig. Dicht dahinter folgt das interaktive Whiteboard, das ebenfalls von jedem fünften Lehrer (20 Prozent) an allen Unterrichtstagen genutzt wird, von fast jedem dritten regelmäßig (31 Prozent). Tablets werden nur von 3 Prozent der Lehrer täglich eingesetzt, von 14 Prozent regelmäßig.
Das Smartphone spielt im Schulalltag fast keine Rolle: Neun von zehn Lehrern (90 Prozent) nutzen es nie, 8 Prozent setzten es lediglich in Ausnahmefällen ein. „Während Smartphones auf dem Pausenhof allgegenwärtig sind, spielen sie im Unterricht so gut wie keine Rolle.Anstatt Smartphone-Verbote zu erlassen, sollte man darüber nachdenken, wie diese Geräte aktiv und produktiv in den Unterricht eingebunden werden können“, sagt Rohleder.
Weiterbildung spielt für Lehrer eine wichtige Rolle. Die meisten bilden sich regelmäßig fort. 78 Prozent haben im vergangenen Jahr an einer Weiterbildung teilgenommen, darunter auch zu den Themen Jugendschutz (36 Prozent), Urheberrecht und Datenschutz (35 Prozent), Pädagogik des digitalen Lernens (33 Prozent) und technischen Themen (23 Prozent).
Groß ist das Interesse an Angeboten speziell zu Digitalthemen. 85 Prozent wünschen sich eine Weiterbildung für den Einsatz digitaler Medien im Unterricht. Auch bei den Formaten sind die Weiterbildungsinteressenten offen für digitale Angebote. Jeder Dritte (34 Prozent) bevorzugt ein so genanntes Blended-Learning-Angebot, bei dem Präsenz- und Online-Module kombiniert werden. Jeder Vierte (26 Prozent) wünscht sich reines E-Learning. Ebenfalls gefragt sind Präsenz-Blockseminar (32 Prozent), die Weiterbildung in der Schule durch erfahrene Kollegen (26 Prozent) sowie ein Coaching an der Schule und im Unterricht durch externe Trainer (22 Prozent).
Weitgehend einig sind sich Lehrer in der Frage, dass die Aus- und Weiterbildung verbessert werden muss. Neun von zehn (87 Prozent) sind für einen Ausbau einschlägiger Weiterbildungsangebote, acht von zehn (78 Prozent) sind der Ansicht, dass regelmäßige Fortbildungen zu digitalen Themen und Methoden verpflichtend sein sollten. Drei Viertel (74 Prozent) sagen, dass das Lehramtsstudium besser auf den Einsatz digitaler Medien im Unterreicht vorbereiten muss. „Eine bessere Aus- und Weiterbildung der Lehrer zu Digitalthemen ist der Schlüssel für ein zukunftssicheres Bildungssystem, das Schüler auf ein Leben und Arbeiten in der digitalen Welt vorbereitet“, sagt Rohleder.
Den Digitalpakt, durch den für die Digitalisierung der Schulen in den kommenden Jahren fünf Milliarden Euro bereitgestellt werden sollen, sieht die Lehrerschaft positiv. 96 Prozent der Lehrer sind der Meinung, dass die Schulen neben Geld auch digitale Konzepte, digitale Inhalte und entsprechend kompetente Lehrer brauchen, um für das digitale Zeitalter gewappnet zu sein. 93 Prozent denken, dass die angekündigten Digitalpakt-Mittel in Höhe von fünf Milliarden Euro nicht ausreichen. Dagegen lehnen lediglich 13 Prozent den Digitalpakt grundsätzlich ab.
Das deutsche Bildungssystem hält die Mehrheit der Lehrer grundsätzlich für verbesserungswürdig. Nahezu alle Lehrer (95 Prozent) sind der Überzeugung, dass Deutschlands Schulen bei der Digitalisierung im internationalen Vergleich hinterherhinken. Neun von zehn (92 Prozent) meinen, dass in allen Klassen zwei Lehrer zur Verfügung stehen sollten, etwa um Unterrichtausfall zu verhindern. Auch bei den Schulformen gibt es Diskussionsbedarf. Jeder zweite Lehrer (53 Prozent) findet, dass alle Schulen zu Ganztagsschulen ausgebaut werden sollten.
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